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Freundschaft
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Freundschaft

 

Ich habe mich von meinem Freund getrennt.

Er war mein Freund, war immer da.

Im nächsten Jahr hätten wir

Goldene Freundschaft

gefeiert.

Ich habe ihn gefeuert.

 

Ich begegnete ihm auf einer Geburtstagsfeier,

selbst bedrückt und voll Angst -

Kuba-Krise.

Er schenkte uns eine ausgelassene

Vergessensfeier.

Ich habe ihn gemocht.

 

In seiner Nähe war ich locker und beschwingt.

Er wurde mein Begleiter durch die

Pubertätlichkeiten.

Er drängte sich nicht auf, war aber da.

Ich gewöhnte mich an ihn.

Wir wurden Freunde.

 

Zunächst trafen wir uns nur gelegentlich.

Er war da, wenn ich müde, überarbeitet und genervt war,

ein richtiger Seelentröster,

wenn ich mutlos und traurig war,

er war meine Stütze, mein Gerüst.

Er war ein Teil von mir.

 

Ich versuchte, ihn zu verlassen, ohne ihn zu leben.

Immer wieder habe ich ihm die Türen geöffnet,

selbst zum Schlafzimmer.

Er war da, wenn ich aufwachte, wenn ich arbeitete,

in meiner Freizeit, wenn ich einschlief.

Ich war ein Teil von ihm.

 

Ohne ihn war ich ein Nichts,

 mit ihm nur wenig mehr und

bald tot.

Verständnisvoll fordernde Geister halfen mir,

mich vom Freund abzunabeln.

Ich war ein Baby.

 

Ich lernte, meine Gefühle auszudrücken,

mich einzubringen, mich selbst

wahrzunehmen.

Den Freund sah ich noch aus dem Fenster,

er klopfte manchmal.

Ich ließ ihn nicht herein.

 

Wenn ich den Freund beschreiben sollte,

gibt es nur eine zutreffende

Antwort:

Er war mehr als flüssig -

überflüssig.

Ich habe ihn gefeuert.

©Suchthilfe-Westerholt